Beteiligung von Jugendlichen mit Behinderungen
Überlegungen für inklusive Jugendbeteiligung
Im Rahmen eines Treffens des Runden Tischs Jugendbeteiligung haben sich die Vertreter_innen der verschiedenen Organisationen zum Thema ausgetauscht und folgende Aspekte hervorgehoben:
- Paradigmenwechsel: Menschen werden nicht aufgrund ihrer Einschränkungen als behindert angesehen, sondern Menschen werden durch Barrieren behindert.
- Motto: Nichts über uns ohne uns!: Die UN-Behindertenrechtskonvention konkretisiert die universellen Menschenrechte im Hinblick auf Menschen mit Behinderungen. Dies entspricht dem Grundgedanken von Kinder- und Jugendbeteiligung.
- Anfangen ist das Wichtigste: Ja, barrierefreie Beteiligungsprozesse sind herausfordernd, schwierig und teuer. Aber jeder Schritt zählt.
- Unterschiedlichkeit beachten: „Behinderungen“ ist keine einheitliche Kategorie. Sie reicht von Behinderung über chronische Krankheit, von sichtbaren körperlichen Behinderungen bis zu psychischen Beeinträchtigungen.
- Barrierefreiheit ist der Schlüssel – aber eine Rampe reicht nicht. Nur mit angemessenen Rahmenbedingungen ist die Teilhabe aller Menschen möglichen. Bedarfe sind dabei allerdings sehr unterschiedlich.
- Rechtliche Grundlagen und politische Maßnahmen: Der Aktionsplan Inklusion der Niedersächsischen Landesregierung hat das Ziel, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderung in Beteiligungsprozessen repräsentiert werden. Die SGB-Reform setzt Impulse für inklusive Jugendarbeit.
- Vernetzung ist wichtig: Sowohl vor Ort als auch auf Landesebene ist eine Vernetzung von Akteur_innen wichtig, um gute inklusive Beteiligung zu ermöglichen.
- Inklusion kostet Geld – kann aber gefördert werden. Die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, die Lebenshilfe e.V., Aktion Mensch und andere Verbände beraten zu Fördermöglichkeiten und geben praktische Tipps.
- Inklusive Beteiligung hat viele Facetten: Dabei muss sie besonders die Lebenswelt von Jugendlichen mit Behinderungen anerkennen.
Tipps und Tricks für barrierefreie und inklusive Beteiligung
Die vom Bundesjugendring entwickelten Qualitätsstandards für Kinder- und Jugendbeteiligung können in großen Teilen auch auf inklusive Beteiligungsprozesse angewendet werden. Wer Beteiligungsprozesse ausgehend von jungen Menschen mit Behinderungen konzipiert, stellt fest, dass viele der Tipps und Tricks grundsätzlich den Qualitätsstandards entsprechen und das Potential haben, Beteiligungsprozesse an sich zu verbessern.
• bezahlte Assistenz unabhängig von Eltern
• barrierefreie Formate
• Bedarfe berücksichtigen wie Leichte Sprache - Unterstützte Kommunikation
• Abholen in aktueller Lebenslage (Internat)
• kostenlose Unterkunft und Verpflegung
• Fahrtkostenerstattung
• Für manche Begleitung bei Fahrten
• Nähe zum ÖPNV
• freie Zeiten von Schule/Uni… beachten
• Bedingungen stationärer Unterbringung beachten
• Unterlagen barrierefrei rechtzeitig vorab bereitstellen
• auf Kompetenzen junger Menschen vertrauen
• Wachstum in Verantwortungssituationen und Scheitern zumuten
• Prinzip der Selbstbestimmung leben: „Ihr entscheidet selbst“
• O-Töne/Videos für Auftritte in großen Gruppen oder für ungünstige Tageszeiten erarbeiten
• für Moderation, Protokoll, Technik Unterstützung anbieten und finanzieren
• Hilfe bei Formulierungen der Ergebnisse (z. B. für Pressearbeit)
• Pausen, Ferienzeiten, Entwicklungsphasen, andere Interessen respektieren
• keine langfristige Bindung erwarten+
Beratungsstellen
• Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatungsstellen (für Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen)
• Niedersächsisches Landeskompetenzzentrum Barrierefreiheit
• Bundesfachstelle Barrierefreiheit
• Verbände, Vereine und Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen vor Ort
• Wohlfahrtspflege
• Kommunale Behindertenbeiräte und -beauftragte
• Übersetzungsbüros für Leichte Sprache
• Schulbegleitungs- und Assistenzdienste vor Ort um Unterstützung bitten
• Barrierefreie Orte: „Reisen für alle“ (Zertifizierte Angebote zur Barrierefreiheit, z. B. Beherbergungsbetriebe, Gastronomie, Freizeit-, Sporteinrichtungen, …)
Wir danken Sandra Stein (Referentin der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen) und Victoria Schwertmann (Referentin Inklusion / Umsetzungsbegleitung BTHG; Paritätischer Wohlfahrtsverband Nds. e.V.) für die Zusammenstellung der Informationen.
Mit dem Thema „Barrierearme und inklusive Beteiligung“ hat sich auch das Qualifizierungsnetzwerk Digitale Jugendbeteiligung im Rahmen eines Digitalen Frühstücks beschäftigt. Die Dokumentation der Veranstaltung gibt es hier.
Auch der AdB arbeitet am Thema inklusive politische Bildung und Beteiligung.
Mehr Informationen zum Projekt „SPREAD“ gibt es hier.