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Welche Gefahren gehen von Fake News aus?

Interview mit Alexander Sängerlaub


Spätestens seit der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ist der Begriff Fake News in aller Munde. Wir haben Alexander Sängerlaub gefragt, was Fake News überhaupt sind und ob sie aus seiner Sicht eine Gefahr für die Bundestagswahlen 2017 sein könnten.
Der Begriff „Fake News“ ist in aller Munde. Was sind überhaupt Fake News?

Fake News wird heute als Begriff inflationär gebraucht – man denke nur an Donald Trump, der den
Begriff nutzt, um damit Medien wie die New York Times zu beleidigen, da ihm die Berichterstattung
der Zeitung oft nicht passt. Dabei lassen sich Fake News ganz gut definieren: als Desinformation. Das
sind Nachrichten, die in der Absicht erstellt werden gezielt jemandem zu schaden – wie z.B. die Fake
News über Hillary Clinton, die angeblich einen Kinderpornoring im Keller einer Washingtoner Pizzeria
betrieben haben soll. Man sollte sie klar trennen von journalistischen Fehlern, Satire oder halt dem,
was Donald Trump macht.


Woran kann man Fake News erkennen?


Manchmal ist es gar nicht so einfach, da wir in unseren “Echokammern” bei Facebook oft
Informationen bekommen, die unsere Meinung spiegeln. Daher nimmt man sie unter Umständen
erst einmal unkritisch auf. Was immer hilft, um die Güte einer Information beurteilen zu können, ist
auf die Quelle zu schauen. Ist mir die Quelle bekannt? Ist die Quelle seriös und verlässlich? Werden
die Behauptungen auch mit Fakten gestützt oder andere Quellen wiederum in einem Text zitiert? Oft
hilft schon ein wenig Recherche – z.B. mit einer Internetsuchmaschine. Finde ich eine Aussage auch
in anderen Medien so wieder?


Sind Fake News ein neues Phänomen?


Nein. Propaganda und Versuche zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung gab es schon immer.
Heute ist durch den digitalen Wandel der Medienlandschaft nur alles ein wenig komplexer
geworden. Gerade bei Facebook oder Twitter kann heute jeder selbst Nachrichten generieren und
Behauptungen verbreiten. Das ist einerseits natürlich positiv, wenn mehr Menschen öffentlich am
politischen Meinungsbildungsprozess teilnehmen können, macht es aber andererseits für jeden
einzelnen als Nutzer auch schwieriger, die Qualität einer einzelnen Aussage beurteilen zu können.
Früher sind viel mehr Informationen, die uns erreichen, von Journalisten gefiltert, geprüft und
aufbereitet worden als heute.


Wieso sind Fake News gerade jetzt so ein großes Thema?

Das hat sowohl mit dem eben besprochenen Medienwandel und großen Unsicherheiten als auch mit
dem Wahlkampf in Amerika zu tun, in dem viele Fake News zu den Kandidaten verbreitet wurden
und das Phänomen somit geadelt wurde, am Wahlausgang mitschuldig zu sein. Bisherige Studien
sehen das aber weitaus differenzierter und auch Donald Trumps Twitterkanal selbst ist mitunter
Quelle für Fake News. In Europa herrschte große Angst, dass das Phänomen auch zu den Wahlen in
Frankreich, Großbritannien und Deutschland herüberschwappen würde. Die Masse an verbreiteten
Desinformationen scheint aber bisher hierzulande sich in Grenzen zu halten.


Auf Fake News folgen meist Richtigstellungen. Erreichen Fake News und Richtigstellungen
dieselben Menschen?


Leider eher nein. In unseren Studien sehen wir, dass die Richtigstellung falscher Nachrichten viel
weniger Menschen erreicht, als die Fake News. Nehmen wir an, jemand bewegt sich in seiner
Mediennutzung in einem überwiegend undurchlässigen Nachrichtenkosmos aus rechten
Medienseiten und lehnt “die Mainstream-Medien" ab. Dann wird er oder sie eine Richtigstellung
durch den ARD-Faktenfinder wohl eher nicht zu Gesicht bekommen und wenn doch, dieser eher
keinen Glauben schenken.


Sind Fake News eine Gefahr im Bundestagswahlkampf 2017?

Die Debatte wird hierzulande viel zu hysterisch geführt. Wir sehen, wenn wir unser Medien- und
Politiksystem mit dem amerikanischen vergleichen, dass der Nährboden für Desinformation
hierzulande viel geringer ist. Die Menschen haben in Deutschland Vertrauen in die Nachrichten der
Öffentlich-Rechtlichen, unser politisches System ist nicht annähernd so stark polarisiert und Social
Media spielt bei uns eine vergleichsweise untergeordnete Rolle bei der Informationsbeschaffung.
Insofern werden Fake News gewiss nicht am 24.09. zur Bundestagswahl im großen Stil
ausschlaggebend und wahlentscheidend sein.


Was kann man tun, wenn man Fake News entdeckt?


Man kann die Fake News an Plattformen schicken, die sich um die Richtigstellung kümmern – z.B. an
Mimikama, den Faktenfinder, Correctiv oder FirstDraft – oder, wenn man sie in einem Medium
findet, auch an den Deutschen Presserat. Oder man versucht selbst eine Quelle zu finden, welche die
Fake News widerlegt und teilt diese unter der falschen Nachricht. Wichtig ist, ins Gespräch zu
kommen und vielleicht auch Menschen, die im eigenen Umfeld Fake News auf beispielsweise
Facebook verbreiten, zu erklären, dass diese Informationen so nicht stimmen.

Alexander Sängerlaub   Bildrechte: Alexander Sängerlaub
Alexander Sängerlaub

ist Leiter des Projektes Measuring Fake News bei der Stiftung Neue Verantwortung. Kürzlich veröffentlichte er die Untersuchung „Deutschland vor der Bundestagswahl: Überall Fake News?!“

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.09.2017
zuletzt aktualisiert am:
28.08.2019

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