Logo der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung Niedersachsen klar Logo

Theater in der politischen Bildung – ein Überblick


Mit der Methode Theater in der politischen Bildung ist in den letzten Jahren ein Überschneidungsbereich politischer und kultureller Bildung entstanden. Politische Themen können durch die Lernenden mit Hilfe des Theaters praktisch erlebt und thematisiert werden, wobei zu unterscheiden ist, ob sie selbst Theater spielen oder ein Theaterstück besucht wird. Theater in der politischen Bildung ermöglicht in beiden Fällen Bildung zur kulturellen Teilhabe und „bezeichnet den Lern- und Auseinandersetzungsprozess des Menschen mit sich, seiner Umwelt und der Gesellschaft im Medium der Künste“ [1]. Kulturelle Bildung stellt einen integralen Bestandteil der Allgemeinbildung dar. Genau hier ergibt sich der Überschneidungsbereich zu politischer Bildung, die „in einem weiten Sinne […] ein Sammelbegriff ist, der alle Prozesse umfasst, die auf jeden Menschen als Mitglied einer sozialen und politischen Ordnung über unterschiedliche Gruppen, Organisationen, Institutionen und Medien politisch prägend einwirken.“ [2] Sowohl in der kulturellen als auch in der politischen Bildung kann anhand der Theater-Methode der Transfer von Wissen in praktisches Handeln geübt werden.

Theater mit Jugendlichen   Bildrechte: Werkstatt Zukunft, Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung

Der Nutzen des eigenständigen Schauspielens besteht also genau darin: Handlungsorientiert können die Lernenden unterschiedliche Rollen und damit verschiedene Sichtweisen auf eine Problematik einnehmen, Situationen erleben, in denen unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen und so die Pluralität der Demokratie erfahren. Dies kann in erheblichem Maße zur Stärkung der politischen Urteilskraft beitragen, da Phänomene menschlichen Handelns sichtbar und thematisiert werden und de facto eine Meinung bzw. Haltung dazu eingenommen werden muss. Die Lernenden können somit anhand des eigenen Handelns praktisch und emotional Zugang zu einem Thema aufbauen, Konflikte austragen und Reflexion lernen. Denn: „Jede Gruppe, die Theater spielen will, muss sich zudem erst einmal Regeln des Miteinanders schaffen.“ [3] Schließlich bedeutet Theater in der politischen Bildung einen anderen – in der Regel neuen – Zugang zu gesellschaftspolitischen Themen, mit dem Lernende angesprochen und motiviert werden können, die mit herkömmlichen Lernmethoden, bspw. theoretischer Wissensvermittlung, bisher weniger erreicht werden konnten. Theater ist eine praktische, ganzheitliche Vorgehensweise, sich mit gesamtgesellschaftlichen Fragestellungen zu beschäftigen.

Zwar unterscheidet sich die Art und Weise des Lernens, wenn selbst Theater gespielt oder ein Theaterstück besucht wird – der daraus gewonnene Nutzen ist jedoch ähnlich. In den Texten von Theaterstücken werden politische und gesellschaftliche Inhalte thematisiert und reflektiert, Rahmenbedingungen der jeweiligen Zeit aufgegriffen und so Politik mit zeitlichem Abstand betrachtet. [4] Insofern bietet neben dem besonders intensiven Lernerlebnis Schauspiel auch der Theaterbesuch verschiedene Anknüpfungspunkte, politische Angelegenheiten zu verdeutlichen, zu beurteilen und zu bewerten. Die Wirkung eines Theaterbesuchs hängt dabei stark von der Tiefe bzw. der Art der Vor- und Nachbereitung ab – eine intensive gemeinsame Reflexion kann als essentiell für den Bildungserfolg angesehen werden.

Theater in der politischen Bildung kann mit jeder Gruppe genutzt werden. Es zeigt sich aber, dass manchen Zielgruppen der Einblick in politische Themen auf diesem Wege leichter fällt als mit klassischen Methoden politischer Bildung. Das Schauspiel bietet schließlich die „Möglichkeit der freien Rollenwahl, des Rollentausches, der Phantasieproduktion und Wunschdarstellung“ [5]. „Minderwertigkeitsgefühle und Benachteiligung [werden] verarbeitet und [verlangen] eine sensible, Gleichberechtigung zwischen Teilnehmenden und Leitung ermöglichende Arbeitsform.“ [6] So können Lernende erreicht werden, denen der Zugang zu politischen Themen auf Basis von Fakten und Abstraktion schwerer fällt.

Theater ist natürlich nicht gleich Theater. Welche spezifische Form verwendet werden kann, hängt vom Stück, der Gruppe, dem Ziel und anderen Faktoren ab. Für die politische Bildung bietet sich jedoch das Forumtheater an, welches „ein interaktives Theater mit pädagogisch-politischem Ansatz [ist] und deswegen für die Politische Bildung besonders gut geeignet. Die Grenze zwischen Bühne und Publikum wird dabei durchlässig gemacht.“ [7]

Zur vertieften praktischen Auseinandersetzung mit dem Thema Theater in der politischen Bildung kann das Material „Theater probieren, Politik entdecken“ der Bundeszentrale für politische Bildung (2011) empfohlen werden. Darin sind verschiedene Bausteine mit Handreichungen für Lehrende und Arbeitsblättern für Lernende, konkrete Übungen zum Inhalt und zur Methode sowie Praxisboxen beispielsweise zum Feedback zur Verfügung gestellt.

„Theater probieren, Politik entdecken“ der Bundeszentrale für politische Bildung: http://www.bpb.de/shop/lernen/themen-und-materialien/37136/theater-probieren-politik-entdecken.




[1][1] Ermert, Karl: Was ist kulturelle Bildung? 23.07.2009, in: www.bpb.de, URL: http://www.bpb.de/gesellschaft/bildung/kulturelle-bildung/59910/was-ist-kulturelle-bildung?p=1, [eingesehen am 02.05.2018].

[2] Massing, Peter: Politische Bildung, in: Andersen, Uwe/Wichard Woyke (Hrsg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. 7., akt. Aufl. Heidelberg 2013. URL: http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/handwoerterbuch-politisches-system/202092/politische-bildung?p=all, [eingesehen am 02.05.2018].

[3] Martens, Gitta: Kulturelle Bildung, im besonderen Theaterpädagogik, und ihr Verhältnis zur politischen Bildung, URL: http://kulturellebildung.de/fa/user/Fachbereiche/Theater/Publikationen/Martens_2012_Kulturelle_Bilung__im_besonderen_Theaterpaedagogik__und_ihr_verhaeltnis_zur_poltitischen_Bildung.pdf, [eingesehen am 02.05.2018], hier S.53.

[4] Martens, Gitta: Kulturelle Bildung, im besonderen Theaterpädagogik, und ihr Verhältnis zur politischen Bildung, URL: http://kulturellebildung.de/fa/user/Fachbereiche/Theater/Publikationen/Martens_2012_Kulturelle_Bilung__im_besonderen_Theaterpaedagogik__und_ihr_verhaeltnis_zur_poltitischen_Bildung.pdf, [eingesehen am 02.05.2018], hier S.51.

[5] Ebd.

[6][6] Ebd.

[7] Zentrum polis – Politik Lernen in der Schule (Hrsg.): Polis aktuell: Methoden der Politischen Bildung – Film, Theater, Schauspiel. Nr. 9, 2007 (akt. Oktober 2009), URL: http://www.politik-lernen.at/dl/qolkJMJKolLLNJqx4KJK/, [eingesehen am 02.05.2018], hier S. 12.

Theater und politische Bildung - von der Idee zum Theaterstück

 

Theater und politische Bildung - das Stück "Pop... Pop... Populismus - Sagen, was ist!"

 

Autorinnen

Sonja Bakes und Anne-Kathrin Meinhardt

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln